Der KI*-Report
oder
Wie spielt der Computer ANNO 1602?


[* KI = Künstliche Intelligenz,
weiblich, Gedankengänge sind nicht immer leicht zu verstehen, kreativ, chaotisch, unberechenbar,
je nach Programmierung manchmal auch überraschend nett, kooperativ ...]

Jeder, der dem Computer schon einmal beim Errichten einer Metropole mit mehr als 1000 Einwohnern helfen wollte, weiß, wie schwierig sich ein solches Vorhaben unter Umständen gestalten kann. (siehe Mission 8 „Gute Nachbarschaft“) Die KI hat ihre eigene Art, ANNO 1602 zu spielen. Ihre globale Besiedlungs-Strategie ist eigentlich recht vernünftig, auch wenn sie bei einigen kleineren Details Schwächen oder Eigenheiten zeigt oder auch mal spontan von ihr abweicht. Ihre Eigenheiten lassen sich am Besten verstehen, wenn man sich überlegt, wie das Spielgeschehen bei Anno1602 aussehen würde, wenn sich die KI "normal" verhalten würde. In vielen Fällen würden dann der friedliche Charakter von Anno1602 und der Spielspaß darunter leiden. Andere Aktionen wie z.B. die Auswahl einer passenden neuen Insel zwecks Besiedlung sind dagegen manchmal nur schwer nachzuvollziehen. Am einfachsten lässt sich sicherlich mit der KI umgehen, wenn man sie ein wenig beobachtet und verstehen lernt. (In Kapitel 7 des NINA-Handbuchs finden sich zahlreiche Hinweise von den Programmierern auf die Besonderheiten der KI.) Sobald man die KI besser kennt, fällt es leichter,
- ihr in Unterstützungsmissionen gezielt beim Stadtbau zu helfen,
- mit dem NINA-Editor KI-gerechte Städte zu bauen, die nicht sofort wieder abgerissen werden und
- überhaupt realistische (lösbare) Aufträge für Unterstützungsmissionen zu entwerfen.

Statistisch gesehen folgt der Computer bei jedem Spiel der gleichen Strategie. Diese ist zwar nicht optimal, aber effektiv, wenn man in einer Standard-Inselwelt mit ausreichend Platz und Ressourcen spielt. Sie eignet sich daher auch für menschliche Spieler.

Ich beschränke mich im folgenden auf den Fall, daß die KI am Anfang des Spiels mit einem Schiff und ausreichend Baumaterial an Bord in einer "normalen" Inselwelt mit Fliegenden Händlern startet. (Hat der Computerspieler kein Baumaterial an Bord, so wird ihm durch einen Cheat genügend Material zur Verfügung gestellt, damit er am Spiel aktiv teilnehmen und eine erste Siedlung gründen kann. Es ist aufgefallen, daß der Computer in Spielen ohne Fliegende Händler gelegentlich ein weiteres Mal cheatet, um eine zweite Siedlung bauen zu können. Ansonsten scheint er aber ehrlich zu spielen.)

[Die automatische Stimmungs- bzw Aggresivitätsbeeinflußung war in allen Spielen deaktiviert.]

Die erste Insel

Zu Anfang einer Partie wählt die KI eine passende Insel für ihre erste Siedlung. Bevorzugt sind an sich mittel- bis sehr große Inseln, die möglichst 100%ige Anbaumöglichkeiten und Erz- oder Goldvorkommen besitzen. Aus ungeklärten Gründen übersieht sie dabei jedoch häufig die besten Inseln. Nach dem Bau eines Kontors erschließt sie das Innere der Insel mit Marktplätzen und einem rasterartigen Straßennetz. (Das 6x6-Raster ist eine gute Planungshilfe für die spätere Bebauung. Eine 6x6-Felder große Fläche kann entweder eine Plantage oder mehrere kleinere Gebäude beherbergen. Der Nachteil des Rasters liegt im hohen Platzverbrauch durch die vielen, meist überflüssigen Straßen und die mangelnde Flexibilität in schwierigem Gelände.)

Es folgen relativ schnell:
- 2 Forsthäuser,
- Marktplätze,
- 1-2 Fischer,
- 24 Wohnhäuser in Schritten á 8,
- 2 Rinderfarmen, 1 Fleischerei,
- 2 Schaffarmen, 1 Webstube und
- 1-2 Kapellen.

[Der Abstand zwischen zwei benachbarten Marktplätzen liegt in der Regel bei zwei Rasterfeldern.]

Bereits in dieser ersten Bauphase fällt auf, daß die KI häufig Straßen und Gebäude im Einflussbereich der Farmen plaziert, wodurch deren Produktivität verringert wird. Der Grund liegt offensichtlich in der Tatsache, daß die KI nicht zwischen freiem Bauland einerseits und Weideland oder Forstgebiet andererseits unterscheidet. (Sie berücksichtigt zwar die Gebäude, nicht aber ihre Einflußbereiche, "arbeitet" also mehr mit einzelnen "Objekten" als mit "Flächen". Oder sie hat ein lückenhaftes Gedächtnis!)
Sobald die Pioniere Siedler-Status erreicht haben, besitzt der Computer eine erste funktionierende Siedlung (mit rund 144 Siedlern), die stabil läuft und ihm den Bau der wichtigsten neuen Gebäuden ermöglicht: Steinbruch, Eisen-Industrie und Kleine Werft! Obwohl die Pioniere und Siedler ohne Murren höhere Steuern zahlen würden, verzichtet die KI auf mögliche Steuererhöhungen und bleibt das ganze Spiel über beim Standardsatz von 32% Steuern.

Die zweite Insel, Standort-Wahl und maximale Stadtgröße

Bevor die KI das Dorf weiter ausbaut oder ins Bürgertum aufsteigen läßt, wiederholt sie alle oben beschriebenen Schritte ein weiteres Mal und besiedelt eine zweite Insel. (Im Optimalfall sollten sich die Ressourcen der Inseln gegenseitig ergänzen. Die KI achtet jedoch nicht immer darauf und wählt auch Inseln mit gleichen Ressourcen, z.B. 2mal Tabak und Alkohol oder 2mal Gewürze.)
Sobald der Computer zwei nahezu identische Siedlungen mit jeweils 24 Siedlerhäusern besitzt, entscheidet die KI, welche der beiden Siedlungen zu einer größeren Stadt mit ca. 48 Häusern ausgebaut werden soll. Entscheidend für die Wahl ist offensichtlich der vorhandene freie Platz. Geografische Merkmale wie Berge, Flüße oder Seen wirken in Stadtnähe nur störend. Das zweite Dorf behält seine jetzige Größe (24x6=144 Siedler) für den Rest des Spiels bei. (Nur ein einziges Mal wurde beobachtet, wie der Computer im späteren Spielverlauf seine Entscheidung änderte, nachdem er eine Stadt bereits bis Stufe Bürger ausgebaut hatte. Wegen einer nahen Bergkette fehlte es an Platz für die Kirche!)

Größere Städte mit mehr als 48 Häusern werden von der KI normalerweise nicht angelegt, sodaß sich die maximal mögliche Bevölkerung auf 48x40=1920 Aristokraten beschränkt. Ein Grund für diese Einschränkung zeigt sich während des Spiels: Die KI hat bereits Schwierigkeiten, eine einzige Stadt dieser Größe auf Kaufleute- oder Aristokratenlevel ausreichend zu versorgen. An mehrere oder größere Städte ist daher nicht zu denken. (Das zweite Siedler-Dorf bildet eine Ausnahme, da es durch die eigenen Schaf- und Rinderfarmen bereits ausreichend versorgt wird und so autark ist.)
Es gibt aber auch noch andere Gründe: Bei ANNO 1602 hat der Computer normalerweise die Aufgabe eines "friedlichen" Mitspielers und Handelspartners, nicht eines Gegenspielers. Die Aufgabe der KI kann es daher gar nicht sein, beliebig große Städte mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern zu errichten. Um die Inseln mit den nötigen Ressourcen zu sichern, wäre letztlich eine militärische Expansion notwendig. Diese widerspricht aber dem an sich friedlichen Charakter von ANNO 1602. Das Schlüsselwort lautet vielmehr "Friedliche Koexistenz". Warum sollte der Computer sonst auch auf Friedens- oder Handelsangebote eingehen. Mehr oder größere Städte auf Seiten der Computer(mit)spieler würden das Gleichgewicht und die "Friedliche Koexistenz" gefährden.

[Es wäre trotzdem interessant, wenn man diese Parameter individuell für unterschiedliche Szenarien einstellen könnte.]

Der weitere Ausbau der Haupt-Insel

Kehren wir zurück zum eigentlichen Geschehen.

Der Computer versucht nun, auf beiden Inseln 1-2 Steinmetze zu errichten. Außerdem werden auf der Haupt-Insel je eine Erzmine, Erzschmelze und eine Werkzeugschmiede gebaut. Eine Kleine Werft auf einer der Inseln sorgt für neue Schiffe. Der Dorfkern wird schrittweise um weitere 24 Häuser, Kapelle, Wirtshaus, Schule und Feuerwehr erweitert. Die Landwirte erhalten 2 neue Rinderfarmen nebst Metzgerei. Auf beiden Inseln werden außerdem, sofern möglich (100% Wachstum!), bis zu je 4 Plantagen für Alkohol, Gewürze und Tabak angebaut.

Sobald die ersten Bürger in die Stadt einziehen, folgen Arzt und Galgen, später dann 4 Getreidefarmen, 2 Mühlen und 1 Bäckerei, um die Nahrungsproduktion weiter zu erhöhen. 2 neue Schaffarmen mit Webstube sorgen für mehr Stoffe. Nach einiger Zeit baut die KI außerdem eine Kanonengiesserei und beginnt mit der Errichtung von Kanonentürmen an strategisch günstigen Stellen, z.B. neben den Marktplätzen. (Fühlt sich die KI bedroht, baut sie zusätzlich eine Burg und Waffenschmieden.)

Nachdem die Bürger-Stadt stabil läuft, wird die Anzahl der Plantagen auf bis zu 6 pro Sorte erhöht und mit dem Bau von Badehaus und Kirche die Entwicklung Richtung Kaufleute eingeleitet. Bald folgen noch einmal 2 Rinderfarmen nebst Metzgerei. Allmählich beginnt die KI mit dem Bau von Mauern, was das Ende der Expansion auf den vorhandenen Inseln andeutet. Die Kleine Werft wird durch eine Große Werft ersetzt.

Ein Aufstieg zur 5. Stufe (Aristokraten) findet selten ohne fremde Hilfe (Handel) statt. Meist reichen die vom Computer produzierten Rohstoff- und Nahrungsmengen nicht aus, die Stadt auf Kaufleute-Level zu stabilisieren. Außerdem zeigt die KI Schwächen beim Finden und Ausbeuten von Goldvorkommen. (In zufällig generierten Spielen kann es zusätzlich auch vorkommen, daß, wegen eines Bugs oder wie auch immer, gar keine Goldvorkommen vorhanden sind.)
Im Falle von ausreichenden Hilfslieferungen "zwängt" die KI noch einmal je 1-2 Theater und Hochschulen in das bereits überfüllte Stadtbild. Eine einzelne(!) Schneiderei soll den neuen Bedarf an Kleidung decken.
 

Effektive Stadtplanung?

Die effektive Stadtplanung ist eine der Schwächen der KI. Da sie beim Anlegen der Kolonie und beim Bau des kleinen Siedlerdorfes anfangs kaum Platz für weitere 24 Häuser und die sozialen Gebäude reserviert, wächst die Hauptstadt während der späteren Bauphasen oft in die Industrieviertel hinein und verteilt sich auf ein Gebiet von bis zu 5x5 Häuserblöcken. Um möglichst viele der verstreuten Wohnhäuser zu erreichen, muß die KI fast alle sozialen Gebäude doppelt bauen, wodurch höhere Kosten und ein höherer Platzverbrauch entstehen. Daß Kapellen durch Kirchen und Schulen durch Hochschulen ersetzt werden, wird von der KI nicht berücksichtigt. Zudem werden die Einflußbereiche vieler Farmen und Plantagen im Stadtgebiet mehr und mehr zugebaut, bis sie nutzlos sind. Eine konsequente Verlegung der Farmen in die Randgebiete wäre sinnvoll. (Zur Ehrenrettung der Programmierer muß man anmerken, daß einzelne Farmen im späteren Spielverlauf eigentlich keine große Rolle mehr spielen. Trotzdem ist es schade um den Platz.)

Würde die KI anfangs eine 3x3-Blöcke große Fläche für den Stadtkern reservieren, ließe sich dort später ohne Probleme eine Stadt von 50 - 60 Aristokratenhäusern errichten, ohne daß eines der sozialen Gebäude doppelt oder außerhalb des Stadtkerns gebaut werden müßte. (Eine flächenorientierte Aufteilung (Bebauungsplan) der Insel in Produktions-, Plantagen/Farm- und Stadtzonen würde der KI das Leben sehr erleichtern.) So aber fällt das Stadtbild, je nach Zufall und geographischen Gegebenheiten, mal geordnet, mal chaotisch aus. Wie viele der 48 Wohnhäuser am Ende alle Voraussetzungen für Aristokraten erfüllen, läßt sich daher nicht vorhersagen. (Beobachtet wurden Zahlen zwischen 3 und 40.) Stadtgrößen um die 2.000er-Marke herum sind nur in besonders günstigen Fällen möglich.

[Anmerkung :
Durch den zufälligen Verlauf des Stadtdesigns kommt etwas mehr Abwechslung in das Stadtbild. Eine effektivere Planung würde im Prinzip immer die gleichen Muster benutzen und wäre so schnell langweilig. Außerdem würde sie wegen ihrer festen Ergebnisse die Unterstützungsmissionen überflüssig machen.]

Für den menschlichen Spieler gibt es, abgesehen von den stabilisierend wirkenden Hilfslieferungen und Tributzahlungen, nur zwei Möglichkeiten, die KI bei der Anlage ihrer Hauptstadt zu beeinflussen:
Zum einen den kompletten Neustart („Neues Spiel, Neues Glück!“) und zum anderen kleinere chirurgische Eingriffe militärischer Natur. (Krieg!)
[Hat die KI Teile ihrer Stadt sehr ungünstig gebaut, so kann man versuchen, während eines kleinen Krieges gezielt einzelne, störende Gebäude zu entfernen. Mit etwas Glück legt die KI den betroffenen Stadtteil nach dem Krieg geschickter an. Um die Schiffsverluste des Computers auszugleichen, kann man ihm nach dem Krieg ein paar Schiffe zum Verkauf anbieten. Es versteht sich von selbst, daß man aus Sicherheitsgründen das Spiel vor der Kriegserklärung speichert.]

Rohstoff-Inseln, Logistik

Im Laufe des Spiels besiedelt der Computer meist noch weitere, sogenannte Rohstoff-Inseln, die nur der Warenproduktion dienen und keine Wohngebiete beherbergen. Die Inseln werden normal von der KI so ausgewählt, daß sich ihre Anbaumöglichkeiten möglichst gut ergänzen und das komplette Spektrum abdecken. In den beobachteten Spielen wurden neben Haupt- und Nebeninsel bis zu 2 weitere (Rohstoff-)Inseln besiedelt. Die Entscheidung für die Besiedlung einer weiteren Insel scheint vom freien Bauplatz auf den vorhandenen Inseln und von der Bevölkerungszahl der Hauptstadt abzuhängen:  Ist eine der beiden Startinseln sehr klein, kann schon früh (Stufe Bürger) eine 3. Insel besiedelt werden. Ansonsten wird erst ab ca. 1.000 Einwohnern die erste und ab ca. 1.500 Einwohner die zweite Rohstoffinsel besetzt.

Neben einem Kontor und Marktplätzen erhalten die Inseln, soweit möglich, alle ein Forsthaus und einen Steinmetz, um ausreichend Baumaterial vor Ort zu produzieren. Für jede 100%ige Anbaumöglichkeit werden Plantagen erricht. Die Maximale Anzahl der Plantagen pro Sorte und Insel scheint 2 Plantagen pro Entwicklungstufe der Hauptstadt zu betragen. (siehe Tabelle) Mehr als 10 Plantagen einer Sorte pro Insel wurden in keinem Spiel beobachtet.
 
 

Entwicklungsstufe
Maximal-Zahl der Plantagen pro Insel und Sorte
2 : Siedler
4
3 : Bürger
6
4 : Kaufleute
8
5 : Aristokraten
10

Auf reinen 50%-Inseln oder bei Inseln mit nur einer 100%-Sorte werden in seltenen Fällen auch Schaf- und Rinderfarmen angelegt.
Die in der Produktionskette zu den Plantagen gehörenden Betriebe (Tabakwaren, Schnapsbrennerei, Weberei) werden meist im richtigen Verhältnis auf den Rohstoffinseln gebaut. Abweichungen von diesem Verhältnis (7 Schnapsbrenner auf 9 Zuckerrohrplantagen) resultieren vermutlich daher, daß die KI ihre Betriebe bei Überproduktion zeitweise stillegt.
[Weil zu viel Alkohol produziert wird und das Lager voll ist, werden die Schnapsbrennereien irgendwann abgeschaltet und nur noch Zucker geerntet. Irgendwann später ist das Lager auch voll mit Zucker und die Plantagen werden ebenfalls abgeschaltet. Ein Schiff holt den Alkohol ab. Jetzt arbeiten alle Betriebe wieder und im Lager befindet sich nur noch sehr viel Zucker. Die KI merkt, daß die vorhandenen Schnapsbrenner nicht ausreichen, um den Zuckerberg abzubauen und baut neue Schnapsbrennereien. Und schon stimmt das Verhältnis zwischen Plantagen und Brennereien nicht mehr.]

Über die genaue Anzahl der tatsächlich gebauten Plantagen auf den Inseln läßt sich wenig sagen, da diese z.B. durch die Möglichkeit, eine Ware woanders billig einkaufen zu können, beeinflußt wird. Kakao- und Baumwollplantagen können erst ab Stufe Bürger gebaut werden. Für sie entfällt die 2. Stufe. Da Baumwollfelder sehr ertragreich sind und bereits mehrere Schaffarmen existieren, baut die KI normalerweise nur 6-8 Baumwollplantagen.

Der Warentransport von der Nebeninsel und den Rohstoffinseln zur Hauptinsel erfolgt nur teilweise über die Schiffe des Computers. Meist werden die produzierten Waren einfach billig zum Verkauf angeboten und auf der Hauptinsel entsprechend teurer nachgefragt, so daß Fliegende Händler und Menschliche Spieler den Transport gerne übernehmen. Der Computer bezahlt pro Ware die Differenz aus An- und Verkaufspreis als Transportkosten : eine teuere Strategie. Andererseits bietet der Computer dem Spieler so aber auch zahlreiche Möglichkeiten, Handel zu treiben und sich am Spielgeschehen zu beteiligen. Die teure und ungeschickte Strategie der KI dient somit letztlich dem Spielspaß.

Versorgung

Die KI scheint einen recht genauen Plan zu haben, nach der sie in jedem Spiel ihre Nahrungs-Versorgung aufbaut. Auf der Haupt- und der Nebeninsel werden nach und nach jeweils 1-2 Fischer und je 6 Rinderfarmen und 3 Metzgereien gebaut, auf der Hauptinsel zusätzlich 4 Getreidefarmen, 2 Mühlen und 1 Bäckerei. Nimmt man an, daß
1 Fischer
60 Leute
2 Rinderfarmen +
1 Metzgerei
180 Leute
4 Getreidefarmen +
2 Mühlen + 1 Bäckerei
240 Leute

ernähren, so reicht die produzierte Nahrung für eine Hauptstadt von 1.200 bis 1.400 Einwohner. [1 Rinderkombi für die Nebeninsel, 5 Rinderkombis + 1 Getreidekombi für die Hauptinsel = 5x180 + 240 = 1.140. Dazu noch 2-4 Fischer macht 1.260 - 1.380 Einwohner.] Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Nahrungs-Versorgung schwankt die Bevölkerungszahl der KI-Städte auf Kaufleute- bzw. Aristokratenlevel meist zwischen Werten von 900 und 1500.

Ist in der Inselwelt bereits eine Überproduktion von Nahrung (= potentielle Einkaufsquelle)  vorhanden, weicht die KI von ihrem Standardplan ab und überspringt einige Schritte, egal, ob die Nahrung zum Verkauf angeboten wird oder nicht. (Statistik B) Das Getreidekombi und die zusätzlichen Rinderkombi auf der Nebeninsel werden nicht gebaut, wodurch die KI ohne Hilfe von außen nur ca. 660 bis 780 Einwohner versorgen kann. [2-4 Fischer + 3 Rinderkombi = 540 + 120 (240)] Die Hauptstadt wird zwischen einer Bevölkerung von 600 - 900 Einwohnern pendeln. Kurz nach dem Aufstieg zu Kaufleute bzw. Aristokraten folgt in der Regel eine große Hungersnot, der einige Häuser zum Opfer fallen können. Leider holt die KI in diesem Falle die ausgelassenen Bauten nicht nach und hungert lieber. Es liegt am menschlichen Spieler, Handel zu treiben und die KI durchzufüttern. (s.o. Handel, Integration ins Spielgeschehen, Spielspaß)

In beiden Fällen reicht die von der KI produzierte Nahrung allein nicht aus, die Hauptstadt auf ihrer Maximalgröße (2.000 Einw.) stabil laufen zu lassen. 1.200 - 1.400 Einwohner scheinen das Maximum zu sein, mit dem die Programmierer gerechnet haben. Warum die KI auf den Rohstoffinseln nur in sehr seltenen Ausnahmefällen zusätzliche Nahrung produziert, ist ungeklärt.

Ähnlich unklar verhält sich die KI auch bei der Produktion der anderen Waren. Bei Städten zwischen 1.500 und 2.000 Leuten werden alle Rohstoffinseln, sofern Platz ist, mit je 10 Plantagen pro 100%-Sorte ausgebaut. Dabei können pro Spieler bis 20 - 30 Plantagen pro Sorte zusammen kommen. 10 - 15 Plantagen pro Sorte wären für die Versorgung einer 2.000er Stadt aber schon ausreichend. Der Überschuß wird natürlich zum Verkauf angeboten. Da in fruchtbaren Inselwelten alle KI-Spieler zur Überproduktion neigen, wird oft sehr viel mehr produziert, als alle Spieler zusammen (incl. der Fliegenden Händler) konsumieren. Die Folge sind ganze Inseln voll stillgelegter Betriebe.

In vielen Fällen ist es so, daß der Computer nicht alle benötigten Waren selber produziert. Stattdessen baut er eine Monopol-ähnliche Überproduktion für ein oder zwei Warensorten auf und kauft die fehlenden Waren ein. Es wurde öfter beobachtet, wie die KI darauf verzichtete, eine freie Insel mit einer noch fehlenden Sorte zu besiedeln und stattdessen weitere 10 Plantagen einer schon ausreichend produzierten Ware anzubauen. Auch dieses Verhalten (Monopolisierung der Warenproduktion) dient letztlich zur Steigerung des Handelsaufkommens etc. (s.o. Handel, Integration ins Spielgeschehen, Spielspaß)

Bau-Logik

Neben dem schon oben angesprochenen Verbauen der Weideflächen fällt besonders die "Kunst des Mauerbaus" auf. Ab Stufe Bürger oder Kaufleute beginnt die KI mit dem Ummauern ihres Einflußbereichs. Dabei wird auf jedes bebaubare Grenz-Feld, das weder Gebäude noch Straße enthält, ein Mauerstück gesetzt. Da der gesamte Einflußbereich sich aus der Überlagerung von kreisförmigen kleineren Einflußbereichen (Kontor, Marktplatz) zusammensetzt, folgt die Mauer oft einer schlangenförmigen Linie. See- und Meerfelder gehören nicht zum Einflußbereich. Deshalb sind Küstenfelder immer auch Grenzfelder und werden gnadenlos zugemauert, selbst wenn es sich nur um einen kleinen Binnensee handelt. Kleine Inseln und Halbinseln zeigen ebenfalls oft eindrucksvolle, aber unsinnige Mauerkonstruktionen. Nichtüberbrückte Flüsse und Bergketten hingegen werden von der KI oft als natürliche Befestigungen akzeptiert. In ihrer Nähe verzichtet sie auf Mauern.

[Bei eigenen Szenarios sollte die KI-Insel möglichst vollständig erschlossen sein, damit die Mauern der Küstenlinie folgen. Mauerstücke, die nicht auf Grenzfeldern gebaut wurden, werden in der Regel sofort abgerissen. Der Bau von Plätzen oder Anlegestellen auf Grenzfeldern hindert die KI am unerwünschten Mauerbau.]

Statistik:

Die folgenden Tabellen sind eine (hoffentlich fehlerfreie) Abschrift meiner Notizen von der Analyse mehrerer Savegames. Die Notizen waren ursprünglich weder zur Veröffentlichung noch als Input für eine Statistik gedacht. Es fehlen daher leider wichtige Informationen wie Inselgröße, Bevölkerung, Handelsbeziehungen mit Nachbarstädten, Savegame-Nr. usw. Auch waren nicht alle Rahmenbedingungen immer 100% identisch. Aus den Daten abgeleitete Aussagen sind daher rein spekulativ.

Statistik A:

Alle Spiele fanden in einer zufällig erstellten Inselwelt statt. Der menschliche Spieler beschränkte sich auf eine kleine Insel mit Pioniersiedlung und unterstützte die Bauvorhaben des Computers nur durch den Verkauf von Baumaterial (Holz, Ziegel). In keinem der Spiele gelang es der KI, eine Insel mit einer Goldader zu besiedeln und selber Gold oder Schmuck zu produzieren. Dadurch erreichten die Siedlungen der KI höchstens die 4. Ausbaustufe und ihre Bevölkerungszahlen lagen zwischen 900 und 1400 Einwohnern. Nur in Ausnahmen wurden mehrere Rohstoffinseln besiedelt.
 
 
 
 
 
P1
P2
P3
P4
P5
P6
Fischer 01,02,-- 01,02 02,02,-- 02,02,--,-- 03,02 01,02,--,--
Rinderfarm 05,06,-- 06,02 05,06,-- 04,02,--,-- 02,02 06,02,07,--
Metzgerei 03,03,-- 03,01 03,03,-- 03,01,--,-- 02,01 03,01,04,--
Getreidefarm 04,--,-- 04,-- 04,--,-- 04,--,--,-- 04,-- 04,--,--,--
Mühle 02,--,-- 02,-- 02,--,-- 02,--,--,-- 02,-- 02,--,--,--
Bäckerei 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- 01,-- 01,--,--,--
Schaffarm 02,02,-- 05,02 02,02,-- --,02,--,-- 04,02 04,02,--,--
Webstube 02,01,-- 03,01 02,01,-- --,01,--,-- 02,01 02,01,--,--
Baumwollpl. --,--,06 --,-- --,--,08 07,--,--,-- --,-- --,--,--,--
Weberei --,--,04 --,-- --,--,04 04,--,--,-- --,-- --,--,--,--
Schneiderei 01,--,-- --,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- 01,--,--,--
Tabakpl. 08,--,-- --,10 08,--,-- --,--,--,10 03,-- --,--,--,10
Tabakwaren 04,--,-- --,05 04,--,-- --,--,--,05 02,-- --,--,--,05
Weingut --,10,-- --,-- 08,--,-- --,--,--,05 --,-- --,10,--,--
Zuckerpl. 06,--,-- --,10 --,10,-- --,--,--,-- --,-- --,--,10,09
Rumbrennerei 04,--,-- --,05 --,09,-- --,--,--,-- --,-- --,--,05,07
Gewürzpl. --,--,-- 09,-- --,--,10 04,--,10,-- --,-- 08,--,--,--
Kakaopl. --,--,-- 10,-- --,--,-- --,--,07,-- --,-- 10,--,--,--

 
 
 
P1
P2
P3
P4
P5
P6
Forsthaus 02,02,01 02,02 02,02,01 02,02,01,01 02,02 02,02,01,01
Steinmetz 02,--,-- 01,-- 02,--,01 02,02,01,-- 01,02 02,02,--,--
Erzmine 01,--,-- --,-- --,--,-- --,--,01,-- --,-- --,01,--,--
Tiefe Erzmine --,--,-- 01,-- --,--,-- --,01,--,-- --,-- --,--,--,--
Erzschmelze 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- 01,-- 01,--,--,--
Werkzeugschmiede 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- 01,-- 01,--,--,--
Waffen (Kanonen) 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- 01,--,--,--
Burg --,--,-- --,-- --,--,-- --,--,--,-- --,-- --,--,--,--
Kleine Werft --,--,-- --,-- --,--,-- --,--,--,-- 01,-- --,--,--,--
Große Werft 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- --,--,--,--

 
 
P1
P2
P3
P4
P5
P6
Wohnhäuser 42,24,-- 46,24 42,24,-- 42,24,--,-- 37,24 46,24,--,--
Markplatz 12,09,02 16,09 12,09,04 08,03,07,05 05,04 13,05,07,06
Kapelle 02,01,-- 03,02 02,02,-- 02,02,--,-- 03,02 03,03,--,--
Wirtshaus 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 02,--,--,-- 01,-- 02,--,--,--
Schule 02,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- 01,-- 02,--,--,--
Feuerwehr 01,01,-- 02,01 02,01,-- 01,01,--,-- 01,01 01,01,--,--
Arzt 01,--,-- 01,01 01,01,-- 01,--,--,-- 01,-- 01,--,--,--
Badehaus 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- 01,--,--,--
Kirche 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- 01,--,--,--
Hochschule 01,--,-- 01,-- 02,--,-- 01,--,--,-- --,-- 02,--,--,--
Theater 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- --,-- 02,--,--,--
Galgen 01,--,-- 01,-- 01,--,-- 01,--,--,-- 01,-- 01,--,--,--

 

Statistik B:

Der menschliche Spieler hat von Anfang an eine Inselgruppe mit einer Stadt von 1600 Aristokraten und verkauft während des ganzen Spiels Waren an den Computer. Besonders zu nennen sind Baumaterial, Nahrung und Schmuck. Die KI-Städte entwickeln sich bis zur 5. Stufe und erreichen Bevölkerungsdichten bis knapp unter 2.000 Einwohner pro Hauptinsel.
Im Durchschnitt wurden vom Computer 4 Inseln (Haupt-, Neben- und 2 Rohstoffinseln) besiedelt. Da der menschliche Spieler anfangs einen Nahrungsüberschuß produzierte, verzichtete die KI auf den Ausbau ihrer eigenen Nahrungsproduktion (weniger Rinderfarmen, keine Getreidefarmen!). Die Folge war eine zunehmende Abhängigkeit von den Nahrungslieferungen des menschlichen Spielers.
Alle Computerspieler haben vorsichtshalber eine 2. Erzschmelze, alle 3 Waffenschmieden und eine Burg gebaut.
 
 
 
 
 
P1
P2
P3
P4
P5
Fischer 01,02,--,-- 01,02,--,-- 01,02,--,-- 02,02,--,-- 01,02,--,--
Rinderfarm 06,02,--,-- 06,02,--,-- 06,02,--,-- 06,02,--,-- 06,02,--,--
Metzgerei 03,01,--,-- 03,01,--,-- 03,01,--,-- 03,01,--,-- 03,01,--,--
Getreidefarm --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,--
Mühle --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,--
Bäckerei --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,--
Schaffarm 02,02,--,-- 02,--,--,-- --,02,--,-- 02,--,--,-- 01,02,--,--
Webstube 01,01,--,-- 01,--,--,-- --,01,--,-- 01,--,--,-- 01,01,--,--
Baumwollpl. --,--,01,-- --,08,--,-- --,--,--,06 --,06,06,-- --,--,--,--
Weberei --,--,01,-- --,04,--,-- --,--,--,03 --,03,03,-- --,--,--,--
Schneiderei 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- --,--,--,-- 01,--,--,--
Tabakpl. 10,10,--,-- --,--,06,10 10,10,--,-- 10,--,--,06 --,10,--,10
Tabakwaren 05,05,--,-- --,--,03,05 05,05,--,-- 05,--,--,03 --,05,--,05
Weingut --,10,--,-- --,--,01,-- --,10,--,-- 10,--,--,-- --,--,--,10
Zuckerpl. 10,--,--,10 --,--,--,10 09,--,--,-- --,--,--,-- --,10,--,--
Rumbrennerei 07,--,--,06 --,--,--,05 05,--,--,-- --,--,--,-- --,06,--,--
Gewürzpl. --,--,10,-- 08,10,--,-- --,--,10,09 --,--,06,-- 08,--,01,--
Kakaopl. --,--,--,-- 10,--,--,-- --,--,--,-- --,07,--,-- --,--,08,--

 
 
 
 
P1
P2
P3
P4
P5
Forsthaus 02,02,01,-- 02,02,01,01 02,02,01,01 02,02,01,01 02,02,01,01
Steinmetz 02,--,--,-- 01,02,--,01 02,02,--,01 --,02,--,-- --,02,--,--
Erzmine --,--,--,-- --,01,--,-- --,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,--
Tiefe Erzmine 01,--,--,-- --,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- --,--,--,--
Erzschmelze 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,--
Werkzeugschmiede 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--
Waffenschm. (3 Sorten) 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--
Burg 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--
Kleine Werft 01,--,--,-- --,--,--,-- 01,--,--,-- --,--,--,-- --,--,--,--
Große Werft --,--,--,-- 01,--,--,-- --,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--

 
 
 
 
P1
P2
P3
P4
P5
Wohnhäuser 46,24,--,-- 46,24,--,-- 45,24,--,-- 42,24,--,-- 46,24,--,--
Markplatz 14,10,04,04 14,09,02,06 12,10,03,04 17,05,05,01 11,11,05,08
Kapelle 02,01,--,-- 02,02,--,-- 02,02,--,-- 03,02,--,-- 02,02,--,--
Wirtshaus 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,-- 01,--,--,--
Schule 02,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 02,--,--,-- 01,--,--,--
Feuerwehr 02,01,--,-- 01,01,--,-- 01,01,--,-- 02,01,--,-- 01,01,--,--
Arzt 01,--,--,-- 02,--,--,-- 01,--,--,-- 02,--,--,-- 01,--,--,--
Badehaus 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--
Kirche 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--
Hochschule 02,--,--,-- 02,--,--,-- 02,--,--,-- 01,--,--,-- 02,--,--,--
Theater 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 02,--,--,--
Galgen 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,-- 01,--,--,--